Einführung: Elektrifizierung als Zielpfad der All Electric Society: Normung, Technologie und Systemarchitektur im Fokus

Die Elektrifizierung stellt das zentrale Ziel der All Electric Society (AES) dar: der systematische Ersatz fossiler Energieträger durch erneuerbare, primär elektrische Energie. Das bedingt eine grundlegende Neuausrichtung von Energieflüssen, Infrastrukturen und Verbrauchssektoren. Der Erfolg dieses Paradigmenwechsels hängt auch von standardisierten Technologien, normativen Rahmenbedingungen sowie sektorübergreifender Systemintegration ab. Dieser Beitrag beleuchtet die politischen, technischen und normativen Treiber der Elektrifizierung und bietet einen ersten Überblick für Fachkreise aus Industrie, Forschung, Regulierung und Standardisierung und lädt zur weitergehenden thematischen Auseinandersetzung und Interaktion ein.

Status: Entwurf
Autoren: Johannes Stein
Stand: 27.04.2025

Elektrifizierung im Zuge der Energiewende

Im Kontext der All Electric Society (AES) ist die Elektrifizierung ein zentraler Baustein zur Erreichung einer CO₂-freien Energiebereitstellung. Durch den verstärkten Einsatz elektrischer und perspektivisch CO2-freier Energie in privaten Haushalten, im öffentlichen Sektor und in der Industrie werden fossile Energieträger wie Erdgas und Erdöl zunehmend ersetzt, was einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leistet. Erneuerbare Energien erzeugen primär elektrische Energie, die entweder direkt genutzt oder in andere Energieträger umgewandelt werden kann. Allerdings ist die direkte Nutzung von Strom in der Regel energieeffizienter und wirtschaftlicher als die indirekte Nutzung über Elektrolyse zur Erzeugung von Wasserstoff oder anderer synthetische Kraftstoffe wie Methan oder eFuels. Dort, wo eine direkte Elektrifizierung technisch oder wirtschaftlich nicht umsetzbar ist, bieten diese Technologien dennoch eine Möglichkeit zur Dekarbonisierung. Überschüssiger Strom kann beispielsweise genutzt werden, um Wasserstoff oder eFuels zu produzieren, die in schwer elektrifizierbaren Bereichen Anwendung finden. Studien, wie die des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, bestätigen die zentrale Rolle der Elektrifizierung für eine kosteneffiziente Transformation des Energiesystems hin zur Klimaneutralität, wobei Wasserstoff ergänzend in bestimmten Sektoren benötigt wird.

Elektrifizierung als Schlüssel zur Klimaneutralität: Der eMonitor des ZVEI

Der eMonitor des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) dient als Indikator für den Fortschritt der Elektrifizierung in Deutschland und misst die Dynamik in den Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Verkehr. Er bietet eine datenbasierte Übersicht zur Entwicklung des Elektrifizierungsgrads in diesen zentralen Sektoren. Dabei zeigt sich: Die Elektrifizierung schreitet in allen Bereichen voran, jedoch mit unterschiedlicher Dynamik. Besonders die Sektoren Wärmeversorgung und Mobilität stehen im Fokus weiterer Elektrifizierungsstrategien. Der eMonitor macht diese Fortschritte messbar und stellt eine zentrale Referenz für Entscheidungsträger dar. Der ZVEI betont: „Die Zukunft ist elektrisch… Klimaneutralität lässt sich nur mit einer konsequenten Dekarbonisierung erreichen. Der effizienteste Weg dahin führt über die Elektrifizierung in allen Lebensbereichen, vor allem in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Mobilität.“ Der Trend zur Elektrifizierung ist nicht neu und hat bereits in verschiedenen Bereichen stattgefunden. Ein Beispiel der Vergangenheit ist die Umstellung der Beleuchtung auf elektrische Energie, die neben erhöhter Energieeffizienz auch Vorteile in Komfort und Sicherheit mit sich brachte. Weitere Beispiele weiter unten im Text. Weitere relevante Datenquellen finden sich unter „Weiterlesen“.

Politik als Richtungsgeber der Elektrifizierung

Die Politik setzt klare Signale für eine tiefgreifende Elektrifizierung sämtlicher Energiesektoren – national wie EU-weit. Ziel ist eine langfristig klimaneutrale Energieversorgung, wie sie etwa das deutsche Klimaschutzgesetz mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verbindlich vorgibt. Dies erfordert tiefgreifende Transformationen insbesondere in Sektoren mit hoher fossiler Abhängigkeit, wie der Wärmeerzeugung. Da Investitionen in Heizsysteme in der Regel über zwei bis drei Dekaden wirken, ist ein frühzeitiger Umstieg auf elektrische Lösungen nicht nur klimapolitisch geboten, sondern auch wirtschaftlich rational – vor dem Hintergrund steigender CO₂-Preise und regulatorischer Anforderungen. Dies spiegelt sich im novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) wider, das 2024 eine Nutzung erneuerbarer Energien beim Heizungstausch vorschrieb und öffentlich auf heftige Reaktionen stieß (und auch in der aktuellen politischen Situation erneut diskutiert wird). Die Elektrifizierung bietet hier technisch bewährte und zunehmend ökonomische Lösungen.

Trotz öffentlicher Debatten über Umsetzbarkeit und Kosten dominieren die Vorteile elektrischer Technologien – etwa in Form hoher Effizienz, reduzierter Betriebskosten und erhöhter Systemintegration. Die Elektrifizierung wird somit zu einem politischen und technischen Leitprinzip der sektorübergreifenden Dekarbonisierung.

Entwicklungstendenzen der Elektrifizierung in Deutschland, Europa und weltweit

Die Elektrifizierung verschiedener Sektoren spielt eine entscheidende Rolle in der globalen Energiewende. Im Folgenden werden aktuelle Markt- und Preisentwicklungen anhand von Beispielen wie Wärmepumpen und Elektroautos beleuchtet sowie der Elektrifizierungsanteil in Bereichen wie Bahn, Wärme und Individualverkehr betrachtet.

Wärmepumpen

In Deutschland verzeichnete der Wärmepumpenmarkt im Jahr 2024 einen deutlichen Rückgang. Es wurden rund 193.000 Heizungswärmepumpen verkauft, was einem Minus von 46 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2023 entspricht. Als Gründe nennt der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) insbesondere Unsicherheiten rund um die kommunale Wärmeplanung sowie unzureichende Bekanntheit der Heizungsförderung.

Auf europäischer Ebene zeigt sich ein gemischtes Bild. Während einige Länder stabile Verkaufszahlen verzeichnen, kämpfen andere mit ähnlichen Herausforderungen wie Deutschland, insbesondere aufgrund politischer Unsicherheiten und Förderbedingungen.

Wärmepumpen und Fernwärme in Nordeuropa: Erfolgsmodell durch klare politische Weichenstellung

In Schweden und seinen nordischen Nachbarländern haben sich Wärmepumpen und Fernwärme als dominierende Heiztechnologien etabliert. In Schweden liegt der Marktanteil der Wärmepumpen bei etwa 30 Prozent, während Fernwärme rund 50 Prozent des Wärmemarktes abdeckt. Entscheidend für diesen Erfolg war eine konsequente Energiepolitik: Bereits 1992 führte Schweden eine CO₂-Steuer ein, die fossile Heizsysteme sukzessive unattraktiv machte. Parallel dazu förderte der Staat gezielt den Umstieg auf Wärmepumpen und Fernwärme durch Zuschüsse und Forschungsförderung. Ein technischer Treiber war die kontinuierliche Effizienzsteigerung moderner Wärmepumpen, insbesondere von Sole-Wasser-Systemen (Erdwärme). In Norwegen hingegen dominiert die Nutzung von Luft-Luft-Wärmepumpen – auch bedingt durch fehlende Gasinfrastruktur und die Verbreitung elektrischer Direktheizungen in energieeffizienten Neubauten. Ein weiterer Faktor: In Nordeuropa herrscht eine gesellschaftlich hohe Akzeptanz für Effizienztechnologien. Eine emotional aufgeladene Debatte wie in Deutschland blieb aus – die Wärmewende wurde sachlich und pragmatisch umgesetzt.

Elektrofahrzeuge

Der weltweite Absatz von Elektrofahrzeugen (batterieelektrische Fahrzeuge, BEV, und Plug-in-Hybride, PHEV) erreichte 2024 einen neuen Höchststand. Laut Rho Motion wurden global über 17 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft, was einem Anstieg von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. China bleibt der dominierende Markt mit 11 Millionen verkauften Einheiten, während Europa und die USA moderate Zuwächse verzeichneten. In Deutschland hingegen gingen die Neuzulassungen von Elektroautos zurück. 2024 wurden rund 380.600 rein batteriebetriebene Fahrzeuge neu zugelassen, ein Rückgang von 27,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Anteil von Elektroautos an den gesamten Neuzulassungen fiel nach Informationen von EnBW von 18,4 Prozent (2023) auf 13,5 Prozent.

Schienenverkehr

Die Elektrifizierung des Schienenverkehrs ist nach einer Erhebung von Statista in Europa unterschiedlich weit fortgeschritten. Im Jahr 2023 waren rund 57,4 Prozent der europäischen Eisenbahnnetze elektrifiziert. Deutschland lag mit einem Elektrifizierungsgrad von 62,3 Prozent leicht über dem europäischen Durchschnitt. Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, diesen Anteil bis 2030 auf 75 Prozent zu erhöhen, um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen.

Elektrifizierungsgrad in der Industrie: Fortschritte mit großem Potenzial

Laut eMonitor des ZVEI beträgt der Elektrifizierungsgrad der Industrie in Deutschland derzeit rund 23 Prozent – mit deutlichen Unterschieden zwischen den Domänen. In der Nahrungsmittel-, Papier- und Pharmaindustrie sind bereits signifikante elektrische Anteile zu verzeichnen, während Branchen wie Stahl oder Chemie aufgrund hoher prozesstechnischer und Prozesswärmeanforderungen noch stark auf fossile Energien angewiesen sind. Treibende Faktoren für die Elektrifizierung industrieller Prozesse sind die hohe Energieeffizienz, verbesserte Steuerbarkeit sowie die zunehmende Integration erneuerbarer Energien. Gleichzeitig wirken Hemmnisse wie Investitionskosten, Umrüstungsaufwand und mangelnde Prozessalternativen bei hohen Temperaturen bremsend.

Émeline Spire, Direktorin der Europa-Arbeit beim Thinktank Agora Energiewende, sagte dazu am 14. Januar 2025 dem Tagesspiegel: „Noch wird zu wenig über das Potenzial der Elektrifizierung geredet. Dabei können schon heute verfügbare Technologien einen Großteil des fossilen Bedarfs der Industrie ersetzen. Und die Investitionen, um Industrieanlagen zu erneuern, stehen in den nächsten Jahren sowieso an.“

Speichertechnologien als Enabler industrieller Elektrifizierung

Neben den Marktdynamiken führen technologische Fortschritte zu einer stetig wachsenden Attraktivität elektrifizierter Systeme – insbesondere durch die Weiterentwicklung der Speichertechnologien. In der Industrie gewinnt die Integration elektrischer Speicher zunehmend an Relevanz: Laut ZVEI eMonitor verfügt bereits ein Drittel der befragten Industrieunternehmen über dezentrale Stromspeicher, vor allem in Kombination mit Photovoltaikanlagen. Die rasante Entwicklung der Batterietechnik – maßgeblich getrieben durch Skaleneffekte in der Elektromobilität – ermöglicht nun auch wirtschaftlich tragfähige Speicherlösungen für stationäre Anwendungen. Das Spektrum reicht dabei von kurzfristigen Lastspitzenpuffern bis hin zu Systemen, die Lastverschiebung und Eigenverbrauchsoptimierung ermöglichen. Diese Technologien sind zentrale Bausteine für flexible, resiliente Energiesysteme, insbesondere im Kontext volatiler erneuerbarer Energiequellen. Der zunehmende Einsatz von Energiespeichern unterstützt somit nicht nur die Netzstabilität, sondern bildet eine wichtige Voraussetzung für die systemische Kopplung industrieller Prozesse an ein elektrifiziertes Energiesystem.

Systemfragen

Energieeffizienz

Ein zentraler Vorteil der Elektrifizierung ehemals fossiler Anwendungen, wie im Automobilbereich oder bei der Wärmeerzeugung, liegt in der deutlich höheren Energieeffizienz. Die VDE-Studie „Antriebsportfolio der Zukunft“ verdeutlicht dies anhand eines anschaulichen Beispiels:

Unter der Annahme, dass elektrische, CO₂-freie Energie die Basis bildet – beispielsweise durch eine Windenergieanlage –, zeigt sich, dass batterieelektrische Antriebe einen wesentlich höheren Gesamtwirkungsgrad aufweisen als alternative Technologien wie Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe (E-Fuels). Der Grund hierfür liegt in den zusätzlichen Umwandlungsschritten, die bei der Erzeugung von Wasserstoff oder E-Fuels erforderlich sind. Diese Prozesse führen zu Energieverlusten, wodurch der Gesamtwirkungsgrad im Vergleich zur direkten Nutzung von elektrischem Strom in Batteriefahrzeugen deutlich reduziert wird.

Vergleich der Versorgungskapazität einer Windenergieanlage für verschiedene Antriebstechnologien
Vergleich der Versorgungskapazität einer Windenergieanlage für verschiedene Antriebstechnologien [VDE Studie Antriebsportfolio der Zukunft]

Direktelektrische Antriebe als Effizienzgewinner im Systemvergleich

Aber nicht nur die Umwandlungsverluste tragen dazu bei. Auch der eher ineffiziente Prozess des Verbrennungsmotors ist einem direkten elektrischen Antrieb unterlegen. Das Bild zeigt den Energiefluss von der Erzeugung bis zur mechanischen Antriebsenergie – den sogenannten „Well-to-Wheel“-Wirkungsgrad – im Vergleich zwischen batterieelektrischen Fahrzeugen (E-Autos) und Fahrzeugen mit klassischem Verbrennungsmotor. Während bei E-Autos von 100 Einheiten erzeugter elektrischer Energie etwa 75 Prozent in mechanische Energie umgesetzt werden, sind es beim Verbrenner lediglich 26 Prozent.

Höhere Energieeffizienz durch Elektrifizierung – Beispiel Mobilität
Höhere Energieeffizienz durch Elektrifizierung – Beispiel Mobilität [Bildquelle: DKE nach PwC StrategyResearch]

Die größten Verluste entstehen beim Verbrennungsmotor in der Umwandlung von chemischer Energie in mechanische Arbeit. Beim E-Auto hingegen bleiben sowohl Verteilungs- als auch Umwandlungsverluste moderat. Insgesamt benötigt das Elektroauto damit rund 60 Prozent weniger Energieeinsatz für die gleiche mechanische Leistung – ein zentraler Vorteil in Bezug auf Energieeffizienz, CO₂-Reduktion und Ressourcenschonung.

Energieinfrastruktur

Die fortschreitende Elektrifizierung in verschiedenen Sektoren führt zu einer erhöhten Nachfrage nach elektrischer Energie. Laut einer aktuellen Analyse des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE) steigt der „konventionelle“ Stromverbrauch ohne zusätzliche Bedarfe durch Sektorenkopplung von derzeit rund 470 Terawattstunden (TWh) auf etwa 500 bis 520 TWh. Diese Steigerung resultiert unter anderem aus der wirtschaftlichen Erholung und dem zunehmenden Bedarf von Rechenzentren, deren Stromverbrauch bis 2030 auf 26 bis 37 TWh ansteigen könnte. Darüber hinaus erfordert die inländische Wasserstofferzeugung beträchtliche Mengen erneuerbaren Stroms. Gemeinsam mit biogenen grünen Molekülen leistet grüner Wasserstoff einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung verschiedener Sektoren.

Diese Entwicklungen verdeutlichen die Notwendigkeit, die Energieinfrastruktur proaktiv an die steigenden Anforderungen der Elektrifizierung anzupassen, um eine sichere und effiziente Energieversorgung zu gewährleisten.

Flexibilität in der Energieversorgung

Die Elektrifizierung erhöht den Bedarf an systemischer Flexibilität, um fluktuierende Einspeisungen aus erneuerbaren Energien mit dem Verbrauch abzustimmen. Anwendungen wie Wärmepumpen, Elektroautos und Batteriespeicher bieten aufgrund ihrer höheren Leistungs- und Energiebedarfe auch neue Lastverschiebungspotenziale, besonders im Haushaltsbereich. Eine Studie von Agora Energiewende zeigt, dass haushaltsnahe Flexibilitäten das System stabilisieren, CO₂ senken und Kosten sparen können. Weitere Ansätze zu Demand Side Management (DSM) und Demand Response (DR) beschreibt der Weltenergierat. Flexibilität wird so zum zentralen Hebel für ein stabiles, elektrifiziertes Energiesystem.

Technologien und Normung

Die folgenden Anwendungsbereiche werden sukzessive mit weiteren Fachartikeln vertieft werden.

Gebäude

Normung von Wärme-, Klima- und Kühlgeräten im Kontext der Elektrifizierung

Die zunehmende Elektrifizierung von Kühltechnologien – insbesondere Klimaanlagen und Wärmepumpen – macht eine präzise Normung unerlässlich. Diese Geräte arbeiten meist nach dem Prinzip eines umgekehrten Wärmepumpenprozesses und sind ein wesentlicher Bestandteil zukünftiger Energiemanagement- und Flexibilitätsstrategien. Der steigende Kühlbedarf im Zuge des Klimawandels verstärkt die Bedeutung dieser Technologien zusätzlich.

Direkte Elektroheizungen wie Infrarotstrahler, Heizlüfter, Radiatoren oder elektrische Fußbodenheizungen wandeln Strom unmittelbar in Wärme um. Sie sind vor allem in Gebäuden mit geringem Wärmebedarf sinnvoll einsetzbar und können durch Verbindung mit thermischen Speichern zur Flexibilität im Energiesystem beitragen. Die Normung erfolgt auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

Elektrische Warmwasserbereiter, wie Durchlauferhitzer und Speicher, wandeln elektrische Energie direkt in Wärme um. Sie ermöglichen durch thermische Speicher die Nutzung von Eigenstrom aus Photovoltaikanlagen und bieten Flexibilität im Energiemanagement.

Deutschland (VDE/DKE):

  • Gremium: DKE/UK 511.5 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke“, DIN-Normenausschuss Kältetechnik (FNKä)

 

Europa (CENELEC):

  • Gremium: CENELEC/TC 61 „Safety of household and similar electrical appliances“

 

International (IEC):

  • Gremium: IEC/TC 61 „Safety of household and similar electrical appliances“

 

Wichtige Normenreihen

  • u. a. Normenreihe: DIN EN 60335-2-40 (VDE 0700-40) – „Sicherheit elektrischer Wärmepumpen und Klimageräte“
  • u. a. Normenreihe: DIN EN 378 – „Sicherheit und Umweltanforderungen an Kälteanlagen und Wärmepumpen“

Verkehr

Elektromobilität

Der Verkehrssektor ist in Deutschland ein bedeutender Endenergieverbraucher. Im Jahr 2023 betrug der Endenergieverbrauch des Verkehrssektors etwa 2.318 Petajoule. Dies entspricht einem Anteil von rund 30 Prozent am gesamten Endenergieverbrauch. Im Vergleich dazu lag der Verbrauch der Industrie bei 3.282 Petajoule. Mit der Elektromobilität steht eine mittlerweile ausgereifte Technologie zur Verfügung, die weiterhin große Entwicklungssprünge vorzuweisen hat. Mittels Lademanagement und Energiemanagement kann die Elektromobilität Flexibilität und Systemdienstleistungen für das elektrische Energiesystem bereitstellen.

Aufgrund der Bedeutung der Elektromobilität wird diese in einem eigenen Überblickartikel behandelt, der auch die Normenreigen und Normungsgremien skizziert: 4.3 Elektromobilität macht Verkehr klimaneutral (in Planung).

Normung elektrischer Bahnen

Elektrische Bahnsysteme sind als etablierter Bestandteil nachhaltiger Mobilität auf einheitliche Normen angewiesen, um Interoperabilität, Sicherheit und Effizienz zu gewährleisten. Die Normung erfolgt auf drei Ebenen:

  • Deutschland:

Wichtige Normenreihe u. a.: DIN EN 50155:2022-06 VDE 0115-200:2022-06

Normungsgremium: DKE/K 351 „Elektrische Ausrüstungen für Bahnen“

  • Europa:

Wichtige Normenreihe u. a.: EN 50126 / EN 50128 / EN 50129 – RAMS-Normen für Bahntechnik (Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Instandhaltbarkeit, Sicherheit)

Wichtige Normenreihe u. a.: EN 50121 – EMV-Anforderungen

Normungsgremium: CENELEC/TC 9X „Electrical and electronic applications for railways“

  • International:

Wichtige Normenreihe u. a.: IEC 62236 – Bahnanwendungen – Elektromagnetische Verträglichkeit

Wichtige Normenreihe u. a.: IEC 61375 – Kommunikationsnetzwerke in Schienenfahrzeugen

Normungsgremium: IEC/TC 9 „Electrical equipment and systems for railways“

Normung industrieller Elektrowärmeanlagen

Industrielle Elektrowärmeanlagen nutzen elektrische Energie zur Erzeugung von Wärme für verschiedene Anwendungen wie Infrarotstrahlung, Induktionserwärmung, Lichtbogenprozesse und Widerstandserwärmung. Die Normung dieser Anlagen erfolgt auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, um Sicherheit, Effizienz und Kompatibilität zu gewährleisten.

  • Europa:
    • Normungsgremium: CENELEC SR 27 „Industrial electroheating and electromagnetic processing“
  • International:
    • Wichtige Normenreihe u. a.: IEC 60519 – Safety in electroheating installations
    • Normungsgremium: IEC/TC 27 „Industrial electroheating and electromagnetic processing“

Aktuelle Diskussionen und Trends

Elektromagnetische Verträglichkeit in der All Electric Society: Reichen bestehende EMV-Grenzwerte noch aus?

Mit dem Fortschreiten der All Electric Society wachsen nicht nur die Anforderungen an Effizienz und Integration elektrischer Systeme – auch die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) steht vor einem fundamentalen Wandel. Der zunehmende Einsatz von PV-Wechselrichtern, Batteriespeichern, Ladeinfrastruktur und dezentralen Steuergeräten führt zu einer Verdichtung potenzieller Störquellen, die sich räumlich immer näherkommen. Das elektromagnetische Umfeld wird dichter, dynamischer und schwerer zu kontrollieren – eine Herausforderung für bestehende EMV-Normen.

Bettina Funk, Vorsitzende des internationalen Normungskomitees CISPR bei der IEC, beschreibt in einem Beitrag für IEC e-tech die strukturellen und technischen Herausforderungen der EMV-Normung im Wandel zur elektrifizierten Gesellschaft. Sie betont: „Einige der heutigen EMV-Grenzwerte basieren auf Annahmen aus den 1970er-Jahren – etwa Schutzabständen von zehn Metern – die in heutigen, verdichteten Wohn- und Gewerbestrukturen kaum noch realistisch sind.“ Ein prägnantes Beispiel ist die Verbreitung von PV-Anlagen auf Dächern in Kombination mit Wechselrichtern, häufig weniger als einen Meter von Funkdiensten, Haustechnik oder Speicherlösungen entfernt. Auch der Trend zu kabelloser Energieübertragung (WPT) – etwa für E-Fahrzeuge – stellt durch Streustrahlung eine massive Belastung für das Funkspektrum dar.

Hinzu kommt, dass viele Hersteller EMV oft als „Kostenfaktor“ betrachten. Die Bereitschaft, bestehende Produkte zur Erfüllung neuer Grenzwerte technisch zu überarbeiten, ist häufig gering – was dazu führt, dass wichtige EMV-Standards mehrfach im finalen Abstimmungsverfahren gescheitert sind. In Folge besteht die Gefahr, dass EMV-Normen ihre Relevanz für Regulierungsbehörden verlieren. Funk fordert deshalb ein Umdenken: „Wenn wir die elektromagnetische Umgebung künftig stabil halten wollen, müssen wir neue Modelle und Prüfmethoden entwickeln – insbesondere für Frequenzen oberhalb 40 GHz – und diese mit anderen Normungsgremien sowie der ITU abstimmen.“ Die technische Entwicklung der All Electric Society macht klar: EMV ist kein Nischenthema, sondern eine systemrelevante Voraussetzung für funktionierende, sichere und interoperable Infrastrukturen. Die künftige Normung muss diese Realität abbilden – sonst droht ein Rückfall in ineffiziente und störanfällige Systemarchitekturen.

Müssen die “neuen” elektrischen Applikationen in Zukunft für ein Gleichstromnetz (DC) ausgelegt werden?

Bereits heute wird eine Gleichstromversorgung im Gebäude zwischen PV, Wechselrichter und Batteriesystem zur Speicherung über DC verbunden. Auch die Anbindung an die Ladestation mit Gleichstrom hat Effizienzvorteile, gerade wenn zukünftig auch das bidirektionale Laden (V2H, V2G) vermehrt Einzug hält, da die Umwandlungsverluste von DC zu AC und vice versa bei reiner Gleichstromversorgung geringer ausfallen (DC direkt oder DC/DC Wandlung). Wird die Gleichstromtechnik von hieraus einen Siegeszug auch im Haus für viele andere Applikationen antreten? Die vielen Netzteile, die wir heute nutzen, um aus AC wieder DC zu erzeugen, würden für ein DC-Netz auch in Gebäuden sprechen.

Siehe hierzu auch eigener Fachbeitrag zu DC (in Planung).

Fazit: Konsequente Elektrifizierung Weg in die All Electric Society

Elektrifizierung ist kein isolierter Technologiewechsel, sondern ein tiefgreifender Strukturwandel. Sie erschließt Effizienzpotenziale, ermöglicht die Integration volatiler erneuerbarer Energien und eröffnet durch intelligente Steuerung neue Flexibilität im Netzbetrieb. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Netzinfrastruktur, Systemführung und Normung – etwa in Bezug auf elektromagnetische Verträglichkeit, Lastmanagement oder Speicherintegration. Die Entwicklung verläuft sektorübergreifend, aber heterogen: Während Länder wie Schweden frühzeitig auf Wärmepumpen und Fernwärme setzten, schwankt der deutsche Markt noch. Der Verkehrssektor verzeichnet global dynamisches Wachstum, in Deutschland hingegen einen Rückgang. In der Industrie steht die Elektrifizierung kurz vor dem Durchbruch – wird jedoch teils durch technische, wirtschaftliche oder regulatorische Hürden gebremst.

Klar ist: Ohne technologische Standards, abgestimmte Regulierung und verlässliche Rahmenbedingungen kann die Elektrifizierung ihr Potenzial nicht voll entfalten. Nur durch eine ganzheitliche Systemperspektive wird sie zur tragenden Säule einer erfolgreichen Energiewende – effizient, resilient und klimaneutral.

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Johannes Stein

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DKE Experte All Electric Society

E-Mail: dke-community@vde.com

Marcus Krause

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DKE Community Manager

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