Fachartikel: Entwicklung von Terminologien für die AES und der Sektorenkopplung

Die Festlegung einer eindeutigen Terminologie ist für die Normung insgesamt von großer Bedeutung. Zukünftig wird die Bedeutung einer eindeutigen Semantik mit der digitalen Repräsentation in Datenräumen, Digitalen Produktpässen (DPP) etc. weiter an Bedeutung gewinnt. Begriffe müssen maschinenlesbar in sogenannten “Vocabularies” oder Ontologien festgehalten werden.

Status: Entwurf
Autoren: Johannes Stein
Stand: 27.04.2025

Allgemeine Hinweise

Willkommen zu unserem Blogbeitrag, der Teil der Standardization Community Map (SCM) für die All Electric Society (AES) ist.

Dieser Beitrag dient dazu, das Thema überblicksartig vorzustellen, zu diskutieren sowie gemeinschaftlich weiter in der Fach-Community zu bearbeiten. Dieser Beitrag hat keinen normativen Charakter, sondern dient dazu, allgemeine Information im Überblick darzustellen sowie vornormativ neue Themen und Anforderungen für die weitere Normungsarbeit vorzubereiten. Dieser Beitrag dient zur Information, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit und kann daher gerne kommentiert und ergänzt werden. Dieser Beitrag entwickelt sich als lebendiges Dokument im Austausch der Community weiter. Erarbeitete Inhalte können auch in die Normungsarbeit einfließen.

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Die Beiträge in der SCM AES können teils die persönliche Meinung der Autoren und nicht zwingend die Meinung des VDE oder der DKE wiedergeben.

Bezug zur All Electric Society

Mit der Entwicklung zur All-Electric Society entwickeln sich neue Begriffe und Definition bzw. wandeln sich Vorhandene. In diesem Text werden erste Begriffe gesammelt, die diskutiert werden können; weitere Begriffe können für die Terminologie vorgeschlagen werden. Auf die Verwendung und Nutzung von Terminologie in der Normung wird weiter unten näher eingegangen.

Vorschläge für Begriffe und Definitionen

Bei den folgenden Begriffen wird vorzugsweise auf das IEV (International Electrotechnical Vocabulary, s. u.) verwiesen, erste eigenen Definitionen vorgeschlagen oder die Begriffe ohne Definition sind noch sinnvoll zu definieren.

All Electric Society, AES

All-Electric Society (engl.)

Vorschlag einer Definition:

CO2-neutrale Energienutzung komplett auf Basis von regenerativ erzeugter Elektrizität, wobei die Volatilität der Stromerzeugung intelligent gesteuert und ausgeglichen wird unter Verwendung von Flexibilitäten der energienutzenden Applikationen

Diskussion:

In der DKE wurde der Begriff der All Electric Society im DKE Commitment 2030 verwendet und beschrieben:

“… All Electric Society – die wissenschaftlich begründete Vision einer CO2-neutralen und sich nachhaltig entwickelnden Welt, deren Energiebedarf komplett auf Basis von regenerativ erzeugter Elektrizität gedeckt wird …” (Seite 9)

Zudem wurde der Begriff häufig wie folgt beschrieben:

“Eine Welt, in der regenerativ erzeugte elektrische Energie als primäre Hauptenergieform weltweit in ausreichendem Maße und vollständig wirtschaftlich zur Verfügung steht.”

Bei IEC wird der Begriff All-Electric and Connected Society (AECS) verwendet, um die Bedeutung der Digitalisierung in diesem Umfeld zu betonen. Im internationalen Zusammenhang wird aber eher von CO2-freier Stromerzeugung unter Einbeziehung von Kernkraft gesprochen im Gegensatz zum aktuellen nationalen Bezug auf erneuerbare elektrische Energien.

Energie-Flexibilität (mit Bezug auf Energie)

Energy flexibility (engl.)

Vorschlag einer Definition:

Fähigkeit von Nutzern des elektrischen Energieversorgungssystems, also Erzeugungs-, Verbrauchs- und Speichereinrichtungen, ihren Strombezug aus dem Netz dynamisch an wechselnde Bedingungen der allgemeinen Versorgung und/oder ihre Stromeinspeisung in dieses Netz gezielt zu beeinflussen

Anmerkung 1: Die Aktivierung der Flexibilisierung erfolgt autonom, manuell oder automatisch aufgrund von externen Signalen oder dynamischen Preisinformationen.

(basierend auf VDE SPEC 90032 V1.0 s. u.)

Diskussion:

Im IEC Glossar findet sich mit Bezug auf die IEC 63110 folgende Definition:

Flexibility

elasticity of resource use (demand, storage, generation), modification of consumption and/or generation of energy/power, on an individual or aggregated level, in reaction to an external signal (price signal or request) in order to provide a service within the energy system

Im Entwurf der VDE SPEC 90032 V1.0 wird allgemeiner definiert, abgeleitet aus der VDE ETG Studie “Flexibilisierung des Energiesystems”:

Flexibilität

Die Fähigkeit von Nutzern des elektrischen Energieversorgungssystems, also Erzeugungs-, Verbrauchs- und Speichereinrichtungen, ihren Strombezug aus dem Netz der allgemeinen Versorgung und/oder ihre Stromeinspeisung in dieses Netz gezielt zu beeinflussen

Diese Definitionen beschreiben die für die AES relevanten Aspekte von Flexibilität. Da Flexibilität im Allgemeinen und auch in den Normen ein sehr allgemein verwendeter Begriff ist und in unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet wird, wird die Eingrenzung auf “Energie-Flexibilität” vorgeschlagen.

Da aktuell verschiedenste Aktivitäten mit Bezug auf Flexibilität sowohl in Forschung, Politik als auch in der Normung erfolgen, ist davon auszugehen, dass sich diese Definition und die Benennung noch weiterentwickelt wird.

Power-to-X, PtX, P2X

Vorschlag einer Definition

Umwandlung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Energien in andere Energieträger

Anmerkung: “Power” bezieht sich auf die elektrische Energie, “to” auf die Umwandlung, X steht für andere Energieformen wie Mobilität, Wärme oder speicherbares Gas.

Diskussion:

Da in der Normung noch keine eindeutige Definition zu existieren scheint, allerdings teilweise in Normen hierauf Bezug genommen wird (z. B. DIN EN IEC 62282-8-301), wird hier eine Definition vorgeschlagen, die auf der deutschsprachigen Ausgabe von Wikipedia basiert und etwas verallgemeinert wurde (ohne den Zusatz der überschüssigen elektrischen Energien).

Teilweise wird unter X auch ganz allgemein die Speicherung von überschüssiger elektrischer Energie auch in Batterien verstanden.

Es finden sich auch Ansichten, insbesondere im englischsprachigen Raum, die PtX rein auf die Umwandlung in andere chemische Stoffe verstehen (siehe unten Power-to-Gas/H2/Methan/eFuels).

Power-to-Mobility

Vorschlag einer Definition

Umwandlung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Energien in Bewegungsenergie von Fahrzeugen
Anmerkung: Hier ist insbesondere das gezielte Lademanagement von Elektrofahrzeugen gemeint.

Diskussion: Power-to-Mobility wird als Begriff weniger verwendet.

Power-to-Gas (hydrogen/H2/eFuels/Liquid), PtG

Vorschlag einer Definition

Umwandlung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Energien in andere speicherfähige und transportable chemische Energieträger

Anmerkung: Die chemischen Energieträger können Wasserstoff oder andere weiterverarbeitete chemische Energieformen wie Methan, andere Synthesegase oder sogenannten eFuels, also flüssigen Kraftstoffe, die heutiges Benzin, Diesel oder Kerosin ersetzen, sein.

Sektorenkopplung

Vorschlag einer Definition

energetische Vernetzung verschiedener wirtschaftlicher Sektoren zur Optimierung eines integrierten Gesamtenergiesystems

Anmerkung: Unter Sektoren werden folgende Bereiche der Gesellschaft verstanden: Energiewirtschaft, Industrie, Haushalte, Gewerbe-Handel-Dienstleistungen, Verkehr

Diskussion:

In der Diskussion im Umfeld der AES wird häufig der Begriff in Bezug auf die wirtschaftlichen Sektoren ansehen. Der Begriff Sektor selbst wird sehr allgemein in unterschiedlichem Kontext verwendet.

Im DKE Commitment werden folgende Sektoren genannt:
Industrie, Gebäude, Mobilität, Infrastruktur, Energie.

Es wäre zu überlegen, ob nicht die Sektoren, die auch im Klimaschutzgesetz im Zusammenhang mit den Treibhausgasminderungszielen explizit genannt und gemonitort werden, genutzt werden sollten:

Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, sowie Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Sonstige (diese beiden sind vermutlich für AES von eher geringerer Bedeutung, da hier auch viele nicht energetische Treibhausgasemissionen erfasst werden.)

Eine weitere Alternative sind die Auswertungen der AG Energiebilanzen e. V., welche die Sektoren Verkehr, Haushalte, Gewerbe-Handel-Dienstleistungen und Industrie für die Aufteilung des Endenergieverbrauchs verwenden – eine Einteilung, die auch vom Umweltbundesamt verwendet wird.

Frage/Diskussion:

Ist es notwendig, weitere Unterteilungen innerhalb von den recht allgemeinen Sektoren zu definieren? Wenn ja, wie sollten diese bezeichnet werden? Beispiele wären Subsektoren oder Domänen.

Elektrifizierung

Vorschlag einer Definition im Zusammenhang mit der Zielsetzung der AES

Verwendung von elektrischer Energie für Applikationen, die zuvor in der Regel mit fossilen oder anderen Energieträgern betrieben wurden

Beispiele: Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen oder elektrische Wärme

Diskussion:

IEC IEV electrification

application of voltage between electrodes (212-11-17)

Diskussion: Begriff wird hier in einem anderen Zusammenhang verwendet

Näher kommt die folgende Definition:

IEC IEV: rural electrification

planning, design and implementation of electrical energy supplies in remote areas, usually characterized by a low density of loads (617-04-26)

In VDE V 0126-7:

3.3.24

elektrifizieren

1)

Versorgung mit Energie, Bereitstellung elektrischer Stromkreise und der zugehörigen Energieerzeugungs-, Einspeisungs- und Managementeinrichtungen

2)

Einspeisung einer Spannung oder eines elektrischen Stromes in einen elektrischen Stromkreis oder eine elektrische Einrichtung

ANMERKUNG: „Elektrifizieren“ bezieht sich auf „Elektrifizierung“.

Normung

Viele Begriffe der elektrotechnischen Normung sind

  • national im technischen Wörterbuch DKE IEV niedergelegt und können dort nachgeschlagen werden. Dabei bezieht sich der Begriffe IEV auf die internationale Version der IEC und enthält neben den englischen und französischen Begriffen auch die deutschen Übersetzungen.
  • international im IEC IEV, dem International Electrotechnical Vocabulary,
    festgelegt.

Das IEC IEV ist in Teilen organisiert. Die Nummer im IEC verweist auf den jeweiligen Teil. Ein Teil umfasst Definitionen aus dem gleichen thematischen Umfeld.

Der zu definierende Begriff wird Benennung oder Bezeichnung genannt, der durch eine Definition beschrieben und definiert wird. Die Definition ist so formuliert, dass sie den Begriff in einem Text ersetzen könnte. Neben der Definition können weitere Information in Anmerkungen oder Grafiken ergänzt werden.

Die Terminologie wird gremienübergreifend in den folgenden Gremien gepflegt:

Jede Norm enthält in Abschnitt 3 darüber hinaus weitere terminologische Festlegungen, die für die jeweilige Norm angewendet werden. Eine Übersicht über alle Definitionen in den IEC-Normen findet sich im IEC Glossar (Glossary).

Was meinen Sie?

  • Sind die gewählten Definitionen korrekt oder würden Sie Änderungen vorschlagen? Kennen Sie bessere Definitionen, die bereits in der Fachwelt eingeführt sind? Teilweise sind oben bei Begriffen unterschiedlichen Definitionen angeführt. Teilen Sie uns hier Ihre Ansicht mit.
  • Gibt es weitere Begriffe, die definiert werden sollten?

Kommentierung und Kontakt

Gerne können Sie am Ende dieses Beitrages oder auf der Community Plattform in der Gruppe “SCM All Electric Society” kommentieren. Dort wird auch dieser Beitrag weiterentwickelt und vertieft sowie andere Beiträge vorbereitet. Aktuelle Beiträge und Diskussionen können sie in COLLABORATION finden bzw. dort aktiv mitgestalten. Wir freuen uns über Ihre Mitarbeit. Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an: dke-community@vde.com.

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Johannes Stein

Johannes Stein

DKE Experte All Electric Society

E-Mail: dke-community@vde.com

Marcus Krause

Marcus Krause

DKE Community Manager

E-Mail: dke-community@vde.com

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