Oleniczak, Annelie

Oleniczak, Annelie

Lektorat und Online-Redaktion

Speicheranlagen der Zukunft

Andreas Habermehl, Geschäftsführer beim ZVEH im Bereich Technik und Berufsbildung und als stellvertretender Vorsitzender der Projektgruppe Erzeugungsannahmen am Niederspannungsnetz (VDE-ARN-4105) engagiert im FNN, spricht mit Steffen Schostan, Projektmanager Netzanschluss im Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) über Nachhaltigkeit und Herausforderungen bei PV-Anlagen und Lithium Speichern sowie über die Notwendigkeit der Schaffung von Rahmenbedingungen bei mobilen Speichern.

Dies ist ein Gastbeitrag von Dipl.-Ing. Andreas Habermehl.  Der Gastbeitrag gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht unbedingt die Meinung des VDE dar. 

Steigende Nachfrage an PV-Anlagen mit Speicher und Trend zum DC-System

Schostan: Herr Habermehl, warum haben wir gerade in den letzten ein bis zwei Jahren eine erhöhte Nachfrage nach PV-Anlagen speziell in Kombination mit Speichern für einen Netzanschluss an der Niederspannung?

Habermehl: Das liegt zum einen daran, dass in den letzten Jahren die Preise für die PV-Module gesunken sind und dass die Speicher mittlerweile in einem preislich attraktiven Bereich angekommen sind. Viele Hausbesitzer wollen einen Beitrag zur Energiewende leisten und dabei autark werden. Das gelingt nur, wenn ich PV mit Speichern kombiniere. In einigen Regionen haben wir bereits eine Solarpflicht bzw. eine solche steht unmittelbar bevor. Diese und die verbesserten gesetzlichen Rahmenbedingungen aufgrund des Wegfalls der EEG-Umlage für Anlagen bis 30 kWp sorgen für einen Anstieg der Nachfrage. 

Schostan: Welche Speicher beziehungsweise Speichertechnologien werden Ihrer Meinung nach für die Kombination Erzeugungsanlagen plus Speicher angewendet und warum?

Habermehl: Mittlerweile werden hauptsächlich Lithium-Speicher verbaut. Das Thema Lithium ist komplex, denn es gibt verschiedene Systeme. Zum einen sind das Lithium-Cobaltdioxid-Akkus, die bis vor einigen Jahren noch oft eingesetzt wurden. Zum anderen sind das Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die derzeit bei den Herstellern im Trend liegen. Sie sind sicherer, da sie nicht von selbst in Brand geraten oder explodieren können. Zudem sind sie einfacher zu entsorgen, haben eine höhere Lebensdauer und sind leistungsstärker. In Summe sind sie damit nachhaltiger und umweltfreundlicher.

Was den Anschluss der Speichertechnologien angeht: Vor einigen Jahren wurden überwiegend AC-Systeme eingebaut, bei denen der von der PV-Anlage erzeugte Gleichstrom in Wechselstrom gewandelt und zum Einspeichern wieder in Gleichstrom umgewandelt wurde, um dann für den Verbrauch wieder in Wechselstrom zurückgewandelt zu werden. AC-Systeme haben den Vorteil, dass sie universell einsetzbar und für Nachrüstsysteme geeignet sind. Aber auch die DC-Systeme, die den produzierten Strom quasi direkt einspeisen können, gewinnen an Bedeutung. Beide Systeme haben ihre Stärken und auch Schwächen. Der Trend geht aber eindeutig zum DC-System, gerade bei Neuanlagen.

Speicher sind ökologisch sinnvoll

Schostan: Stichwort Umweltverträglichkeit. Wie lange ist ein solcher Speicher, zum Beispiel an PV-Anlagen nutzbar und wie sieht es mit der Umweltverträglichkeit aus?

Habermehl: Je nach Hersteller wird die Lebensdauer mit zwischen zehn und mehr Jahren angegeben. Entscheidend für die Lebensdauer ist die Zahl der Vollzyklen, die so ein Speicher durchleben muss. Pro Jahr sind das im normalen Hausgebrauch etwa 250. Wenn die Speicher etwa 8.000 bis 10.000 Vollzyklen schaffen, dann kommt man auf zehn bis zwanzig Jahre. Sie sind also lange haltbar. Man kann sie aber auch weiterverwenden, wenn die vom Hersteller garantierte Zyklenzahl erreicht ist. Sie verlieren dann nur an Kapazität und werden damit leistungsschwächer, so wie es bei den Modulen der PV-Anlagen ebenfalls der Fall ist. Die Garantien der Hersteller sind so ausgelegt, dass diese Zahl der Vollzyklen erreicht wird.

Was das Thema Umweltverträglichkeit betrifft: Der Abbau von Lithium ist nicht unproblematisch. Durch die weltweit gestiegene Nachfrage an Lithium werden für die Gewinnung von Lithium viele Flächen und wird damit auch viel Wasser verbraucht. Das ganze Thema ist kritisch zu betrachten, je nachdem, wo der Abbau stattfindet. Trotz allem sind die Speicher im Hinblick auf die CO2 -Vermeidung nachhaltig und auch ökologisch sinnvoll. Die Ökobilanz ist anfangs zwar negativ, gleicht sich aber nach wenigen Jahren bereits wieder aus.

Schostan: Wie viel Zeit sollte man einplanen für Umsetzung, Installation, speziell auch für die Inbetriebnahme PV-Anlagen und Speichern an das öffentliche Versorgungsnetz, hier speziell Niederspannungsnetz? Was ist dabei zu berücksichtigen?

Habermehl: Die Montage einer PV-Anlage und eines Speichers für den Hausgebrauch ist eine Sache von knapp einer Woche. Allerdings sind die Betriebe im Elektrohandwerk derzeit gerade aus unterschiedlichen Gründen stark ausgelastet. Zum einen ist die generelle Nachfrage im Bausektor hoch, so dass mit einer Wartezeit von vier bis acht Wochen von der Auftragsvergabe bis zur Umsetzung zu rechnen ist. Hier gibt es aber regionale Unterschiede.

Für die größeren Anlagen im Gewerbebereich oder Freiflächen dauert es bis zur Realisierung zwei bis drei Monate oder auch bis zu einem halben Jahr. Bei Anlagen unter 30 kW oder kleiner zehn kW, also alles, was auf das Hausdach passt, macht man die Anmeldung und Genehmigung beim Netzbetreiber üblicherweise zeitgleich bei Auftragsvergabe, so dass hier keine weiteren Zeitverzögerungen entstehen. Wir raten aber – gerade bei älteren Bestandsgebäuden- dazu, vor der Beauftragung die elektrische Anlage in Gänze zu prüfen und abzuklären, ob diese den neuen Anforderungen überhaupt genügt. Hierbei hilft zum Beispiel der E-CHECK. Falls die Anlage angepasst werden muss, verlängert sich die Wartezeit natürlich noch.

Eine solche Verstärkung macht die Anlage aber deutlich sicherer. Eine wichtige Voraussetzung für eine PV-Anlage ist schließlich, dass die elektrische Anlage den Anforderungen standhält. Im Neubau und bei den Kleinanlagen ist die Prüfung relativ einfach, denn diese sind meistens schon darauf ausgelegt, dass PV oder Elektromobilität irgendwann dazukommen.

rh2010 / stock.adobe.com

Rahmenbedingungen für die Nutzung von mobilen Speichern schaffen

Schostan: Noch einmal ein Schwenk zum bereits erwähnten Thema Elektromobilität und dessen mobile Speicher, zum Beispiel E-Autos. Sie dienen dem Ausgleich der schwankenden Einspeisung von erneuerbaren Energien. Welche Rolle werden mobile Speicher für die Netzstützung übernehmen?

Habermehl: Offiziell derzeit gar keine, da wir diese Netzanschlussregel noch gar nicht dafür ausgelegt haben, dass ein Elektrofahrzeug ins Gebäude zurückspeist. Das wird aber sicherlich in naher Zukunft der Fall sein, denn es ist sinnvoll, die Speicher für die Netzstützung heranzuziehen. Ein Elektroauto mit einem vollen Speicher steht teilweise über zwölf Stunden in der Garage. Diese Energie kann man zur Begleitung von netzstützenden Maßnahmen nutzen. Dazu müssten vorher aber noch die Rahmenbedingungen in den Netzanschlussregeln angepasst werden. Wichtig ist die Schaffung klarer Regelungen, wie dieser mobile Speicher in die Kundenanlage und wieder zurück in das öffentliche Netz speist. Im Bereich des FNN arbeiten wir gerade genau an der Regelung dieses Themas.

Schostan: Welche Rahmenbedingungen müssen für die praktische Umsetzung für das bidirektionale Laden geschaffen werden?

Habermehl: Zum einen natürlich gesetzliche und technische Rahmenbedingungen. In der Regelsetzung brauchen wir Rahmenbedingungen, die festlegen, welche Parameter der Speicher einhalten muss. Vieles im Bereich der Erzeugungsanlagen ist schon geregelt. Man könnte auf diese Regelung zurückgreifen und sie mit Anpassungen auf die mobilen Speicher übertragen. So wird ermöglicht, dass die mobilen Speicher auch bidirektional laden können.

Schostan: Ist die gleiche mobile Speichertechnologie wie bei den E-Autos auch für den öffentlichen Verkehr wie zum Beispiel Busse, Schienenverkehr nutzbar?

Habermehl: Theoretisch ja, denn man kann auch große Speicher bauen, ob ich 10 kW-Speicher baue oder 100 kW, beides ist möglich. Es gibt bereits Teststrecken mit Oberleitungen für Elektro-LKWs, die während des Betriebes über die Speichertechnologie wieder aufgeladen werden. Man muss sich jedoch die Frage stellen, ob es auch sinnvoll ist oder ob andere Technologien im Bereich öffentlicher Verkehr, Lastverkehr oder Schienenverkehr nicht vielleicht besser sind.

Wir reden gerne vom Wasserstoff als Speichermedium: Dieses Thema wird uns auch im Handwerk zukünftig betreffen – hier gibt es ja bereits eine Wasserstoffstrategie. In dieser Hinsicht wird das Thema „Elektromobilität mit Wasserstoff“ im öffentlichen Verkehr und Lastverkehr eine zunehmende Rolle spielen. Privatpersonen hingegen werden sich zuhause keine Wasserstofftankstelle an die Wand hängen. Hier bleiben auch zukünftig normale Speicher über Lithium-Akkus ein Thema.  Im öffentlichen Bereich, bei größeren Verkehrsmitteln, können wir uns jedoch gut vorstellen, dass man mit entsprechenden Wasserstoff-Tankstellen die Elektromobilität vorantreibt.

Herr Loeffler / stock.adobe.com

Herausforderung Netzsicherheit

Schostan: Für das Gelingen der Energiewende spielt die Speicherung der aus erneuerbaren Energien gewonnenen elektrischen Energie eine große Rolle. Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie in Bezug der Energiewende und einer sicheren Energieversorgung?

Habermehl: Die große Herausforderung ist die Sicherheit der Netze trotz aller schwankenden Lasten und Einspeiser, die wir zunehmend haben werden. Speicher helfen hier dabei, diese Schwankungen im Bereich der Erneuerbaren Energien auszugleichen. Das Thema Netzausbau steht seit Jahren auf der Agenda: Man weiß, dass wir im Norden zu viel Wind und im Süden vielleicht zu viel PV haben. Künftig muss eine bessere Lasten- oder Erzeugungsverteilung gelingen, damit die überschüssige Energie, die wir am Ort A produzieren und am Ort B brauchen, auch sicher dorthin transportiert werden kann. Der Netzausbau muss hier vorangetrieben werden.

Auch die Sektorkopplung ist eine Herausforderung bei der Energiewende. Alle Themen wie PV, Wind oder Wasserstoff müssen koppelbar sein. Die Lasten müssen flexibel agieren können, um so auf die flexiblen Erzeuger reagieren zu können. Das sind nur ein paar von vielen Herausforderungen, die wir bei der Energiewende in Zukunft haben werden. Was sicher ist: Für eine sichere Umsetzung braucht man verlässlich Regelwerke und feste Vorgaben für alle. 

Schostan: Vielen Dank, Herr Habermehl

Zur Person

Dipl. Ing. und Meister im Elektrotechnikerhandwerk Andreas Habermehl ist Geschäftsführer im ZVEH in Frankfurt, Bereich Technik und Berufsbildung und Mitglied des Meisterprüfungsausschuss der Handwerkskammer Wiesbaden. Er ist in den folgenden Normungsausschüssen der DKE, VDE und FNN tätig: FNN PG VDE-AR-N 4100, FNN PG VDE-AR-N 4105, FNN Expertennetzwerk Speicher, FNN PG Netzintegration Elektromobilität, DKE UK 221.5 sowie diverse Arbeitskreise, BDEW PG Bundesmusterwortlaut der TAB, Mitglied des Meisterprüfungsausschuss der Handwerkskammer Wiesbaden.

[polylang lang="en"]15 persons applauded[/polylang][polylang lang="de"]15 Personen haben Beifall gegeben[/polylang]

[polylang lang="en"]applaud[/polylang][polylang lang="de"]Applaudieren[/polylang]

Schreiben Sie einen Kommentar