Energiespeicher sind Enabler der Energiewende

Ob Pumpspeicher, Batterien oder thermische Speicher – sie alle tragen dazu bei, die volatile Erzeugung aus erneuerbaren Quellen mit dem Energiebedarf in Einklang zu bringen. Im Zuge der Dekarbonisierung und Elektrifizierung aller Lebensbereiche gewinnen die verschiedenen Speichertechnologien rasant an Bedeutung. Sie ermöglichen es, überschüssigen Strom zu speichern und bei Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen. Damit sind sie ein Schlüssel für Versorgungssicherheit, Netzstabilität und die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Industrie und Verkehr.

Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Energiespeicher ermöglichen Netzstabilität
  2. Technologische Grundlagen und Einsatzgebiete
  3. Power-to-X als Treiber der Sektorenkopplung
  4. Notwendigkeit für die informationstechnische Sektorenkopplung
  5. VDE ETG Studie: Große Potenziale für Flexibilitätsmanagement
  6. Energiespeicherbedarf und prognostizierte Entwicklung
  7. Normung begleitet die Entwicklung
  8. Fazit: Grundlagen sind vorhanden, Wirkungsgrad entscheidend

Das Energiesystem der Zukunft wird vollständig auf erneuerbaren Quellen fußen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, ist ein umfassender Ausbau verschiedenster Speichertechnologien unabdingbar. Diese müssen vielfältige Aufgaben übernehmen – von der Stabilisierung des Netzes im Kurzzeitbereich und der Vorhaltung von Regelleistung bis hin zur Überbrückung saisonaler Schwankungen und der Verknüpfung bisher getrennter Energiesektoren.

Die Sektorenkopplung ist der Schlüssel, um die Stromproduktion mit dem Wärmesektor, der Industrie und dem Verkehr zu verzahnen. Durch die intelligente Verteilung und Umwandlung von regenerativ erzeugtem Strom in Wärme oder Wasserstoff können fossile Brennstoffe sukzessive substituiert werden. Nur wenn alle Sektoren nahtlos ineinandergreifen, lässt sich ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch herstellen.

Die Transformation der Energiewende erfordert ein ganzheitliches Konzept für ein integriertes Energiesystem, in dem sämtliche Speichertechnologien optimal zusammenwirken.

Energiespeicher ermöglichen Netzstabilität

Energiespeicher übernehmen für die überregionale Versorgung schon heute wichtige Funktionen als netzdienliche Regelenergie. Pumpspeicher alleine stehen für 96 Prozent der installierten Speicherkapazität für regelbare Energie weltweit, der Rest entfällt vor allem auf Batterien. Gleichwohl erbringen nach wie vor klassische Gaskraftwerke den Großteil der Regelenergie. Sie wird benötigt, um Angebot und Nachfrage kurzfristig auszubalancieren. Die Netzbetreiber können Regelenergie zuschalten, wenn eine höhere Nachfrage besteht. Können sie diese nicht bedienen, können sie regelbare Lasten wie etwa einen großen Industriebetrieb auch vom Netz nehmen.

Speichertechnologien übernehmen darüber hinaus:

  1. Aufgaben zur Stabilisierung der Netzfrequenz
  2. Funktionen bei der Energiebereitstellung durch Zwischenspeicher
  3. Funktionen für Verbraucher*innen zur Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils bei Erneuerbaren Energien
  4. Zwischenspeicher für Ladesäulen

Bei der Integration der Erneuerbaren Energien sollen Speichertechnologien in der Zukunft dafür sorgen, dass diese regellastfähig werden. Das wäre eine bedeutende Funktionserweiterung und könnte die eigentlich naturgegebene Volatilität zwischen Angebot und Nachfrage ausgleichen.

Technologische Grundlagen und Einsatzgebiete

Die technologischen Grundlagen für die fünf Hauptkategorien von Energiespeichern sind weitgehend vorhanden:

  • Elektrische und elektromagnetische Speicher (Kondensatoren, Spulen)
  • Elektrochemische Speicher (Batterien, Akkumulatoren)
  • Mechanische Speicher (Pumpspeicher, Druckluftspeicher, Schwungradspeicher)
  • Thermische Speicher (sensibel, latent, thermochemisch)
  • Chemische Speicher (Power-to-X wie Wasserstoff, Methan, Ammoniak)

Die Einsatzgebiete reichen von mobilen Endgeräten über netzgekoppelte PV-Anlagen bis hin zur saisonalen Stromspeicherung und sektorübergreifenden Anwendungen in der Industrie. Entscheidend für den Einsatz sind Kriterien wie Speicherkapazität, Lade-/Entladegeschwindigkeit, Wirkungsgrad und Kosten.

Elektrische, elektromagnetische und elektrochemische Speicher

Elektromagnetische Energiespeicher wie Kondensatoren und Spulen können elektrische Energie sehr schnell aufnehmen und wieder abgeben. Dies prädestiniert sie für den Einsatz zur Netzstabilisierung und zum Ausgleich kurzfristiger Leistungsschwankungen im Stromnetz. Supraleitende Magnetspeicher (SMES) haben einen sehr hohen Wirkungsgrad, sind aber aufwendig in der Kühlung.

Elektrochemische Speicher wie Batterien speichern elektrische Energie durch reversible elektrochemische Reaktionen. Die wichtigsten Typen sind Blei-Säure-, Lithium-Ionen-, Redox-Flow- und Natrium-Schwefel-Batterien. Anwendungsbereiche sind mobile Endgeräte, Elektromobilität, netzgekoppelte PV-Anlagen und unterbrechungsfreie Stromversorgung. Aktuell wird an der Steigerung von Energiedichte, Lebensdauer und bidirektionalem Laden geforscht.

Mechanische und thermische Speicher

Mechanische Speicher wie Pumpspeicher, Druckluftspeicher und Schwungradspeicher können in der Sektorenkopplung eine Scharnierfunktion einnehmen. Pumpspeicher sind etabliert, aber in Mitteleuropa limitiert. Druckluftspeicher können längere Perioden überbrücken. Schwungradspeicher gleichen Leistungsschwankungen schnell aus.

Thermische Speicher speichern Wärme sensibel, latent oder thermochemisch und ermöglichen eine zeitliche Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch. Durch Lastverschiebung können sie Synergien zwischen den Sektoren heben und die Energieeffizienz steigern. Sie sind günstiger als Batterien und können Gebäude, Industrie und Kraftwerke flexibilisieren.

Power-to-X als Treiber der Sektorenkopplung

Power-to-X-Technologien konvertieren Strom in besser speicherbare Energieträger wie Wasserstoff, Methan oder Ammoniak. Sie ergänzen bisherige Speicher und ermöglichen die mittel- bis langfristige Speicherung großer Energiemengen. Damit gewährleisten sie eine sichere Versorgung trotz der Schwankungen erneuerbarer Quellen und können saisonale Differenzen überbrücken.

Power-to-X-Verfahren treiben so die Sektorenkopplung voran und sind ein Schlüssel zur Dekarbonisierung von Industrie, Wärme und Verkehr.

Notwendigkeit für die informationstechnische Sektorenkopplung

Die informationstechnische Sektorenkopplung ist ein Schlüsselkonzept, um die Komplexität der Vernetzung von Strom, Wärme, Verkehr und Industrie im Rahmen der Energiewende zu bewältigen. Sie ermöglicht die digitale und automatische Organisation der Energieflüsse und den effizienten Datenaustausch zwischen den Sektoren. Dafür braucht es eine gemeinsame Sprache in Form von einheitlichen Datenformaten, Schnittstellen und Architekturen. Sektorübergreifende Datenräume und der Einsatz von digitalen Zwillingen spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie erlauben die virtuelle Abbildung und Simulation von physischen Objekten und Prozessen.

Zudem müssen Millionen dezentraler Erzeuger, Verbraucher und Speicher intelligent vernetzt werden. Das erfordert Mechanismen für eine automatisierte Kommunikation zwischen den Systemen. Vor allem für die Flexibilisierung der Energiesysteme durch automatisch steuerbare Energiespeicher werden Datenräume und intelligente Algorithmen notwendig.

VDE ETG Studie: Große Potenziale für Flexibilitätsmanagement

Die VDE ETG Studie „Flexibilisierung des Energiesystems“ sieht große Potenziale für ein systemorientiertes Flexibilitätsmanagement im Stromnetz. Dabei passen alle Netznutzer ihren Strombezug und ihre Einspeisung an die Erfordernisse der Versorgungssicherheit und Netzstabilität an.

Bis 2030 könnte die flexibel einsetzbare Erzeugerleistung von 110 GW auf 140 GW steigen, vor allem durch die Integration von Elektroautos, Power-to-Heat- und Power-to-Gas-Anlagen sowie Heimspeichern. Auch erste Vehicle2Grid-Anwendungen, bei denen E-Autobesitzer ihre Batterien netzdienlich zur Verfügung stellen, werden erwartet. Allerdings sehen die Experten noch Entwicklungs- und Investitionsbedarf bei der Steuerbarkeit, Standardisierung von Schnittstellen und dem Rollout intelligenter Messsysteme. Zudem müsse der Gesetzgeber Hemmnisse bei der Netzentgelt- und Umlagensystematik abbauen, um die Potenziale des Flexibilitätsmanagements voll auszuschöpfen.

Energiespeicherbedarf und prognostizierte Entwicklung

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme errechnete kürzlich, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 insgesamt 100 Gigawattstunden (GWh) allein an elektrischer Speicherkapazität benötigt. Doch das würde nicht einmal für einen durchschnittlichen Wintertag den Strombedarf decken.

Die Bundesnetzagentur berichtete 2021 in ihrem Beitrag über „Regelungen zu Stromspeichern im deutschen Strommarkt“, dass allein für zwölf Stunden eine Speicherkapazität von etwa 720 GWh, notwendig seien [4]. Allerdings entwickelt sich der Zubau an Stromspeichern rasant. 2023 hatten die 30 deutschen Pumpspeicherwerke eine Gesamtleistung von knapp 6,5 Gigawatt (GW).

Während sich bei den Pumpspeichern die Kapazität kaum ausbauen lässt, sind die anderen Technologien auf Wachstumskurs: Die Anzahl der Batterien für PV-Anlagen ist in den letzten Jahren stark gewachsen, von 27.000 im Jahr 2013 auf über 526.000 im Jahr 2023. Allein im ersten Quartal 2023 wurden über 110.000 neue Batterien meistens in Verbindung mit einer PV-Anlage installiert, sodass aktuell mit den gewerblichen Großspeichern über 800.000 Batteriespeicher im Einsatz sind. Die gesamte installierte Energiespeicherkapazität in Akkus liegt mittlerweile immerhin bei fast 13 GWh (Mai 2024). Der Zubau von Energiespeichern wird sich daher in den nächsten Jahren mit neuen Technologien stark beschleunigen. Vor allem in E-Autos sind mittlerweile Batterien mit einer Gesamtspeicherkapazität von über 100 GWh verbaut. Zwar lässt sich diese Kapazität noch nicht für das Stromnetz nutzen. Technisch wäre es möglich, 30 bis 40 Prozent dieser Kapazitäten in Zukunft für netzdienliche Aufgaben einzusetzen. Notwendig sind dafür die Fortschreibung bestehender und die Entwicklung neuer Normen und Standards.

Normung begleitet die Entwicklung

Die „Deutsche Normungsroadmap Energiespeicher“ von DIN, DKE, VDI und DVGW fasst den aktuellen Erkenntnisstand zusammen und identifiziert künftige Normungslücken. Für die All Electric Society werden weitere Normungsbedarfe aufkommen, die die Standardization Community Map (SCM) identifizieren sollen. Ziel ist es, Bereiche mit strategischer Bedeutung aufzuzeigen und das zukünftige Arbeitsprogramm im Themenfeld Energiespeicher abzubilden.

Seit der ersten Ausgabe der Normungsroadmap Energiespeicher im Jahr 2016 wurden viele Dokumente überarbeitet und neue Projekte begonnen. Diese Aspekte sind in die aktualisierte Version eingeflossen und finden sich in den Übersichten über die technischen Regeln der Gremien. Um die neuesten Entwicklungen abzubilden, wurden auch sich in Erarbeitung befindliche Projekte mit aufgenommen, wie zum Beispiel die VDE-AR-E 2510-60 „Modulare Batteriesysteme“, in der technische Aspekte des modularen Aufbaus von auswechselbaren Batterien beschrieben werden. Daneben enthält die Roadmap kürzlich veröffentlichte Normen, wie die DIN 2384 „Thermische Energiespeicher — Terminologie, Anforderungen, Kenngrößen, Prüfgrundlagen“. Darin werden Begriffe, Kenngrößen und Anforderungen für thermische Energiespeicher in Form von sensiblen, sorptiven und Latentwärme-Speichersystemen festgelegt.

Normungsgremien und Verbände arbeiten an neuen AES-Standards

Im Nachgang zur „Deutschen Normungs-Roadmap Elektromobilität 2020“ arbeiten die Experten im DKE Komitee 371 „Akkumulatoren“ an der Weiterentwicklung bestehender sowie neuer Normen, die die AES verstärken werden.

Das DKE Arbeitsfeld Components & Technologies erarbeitet zurzeit Grundlagen für die Anwendung von Nano- und Batterietechnologien. Es entwickelt neue Prüfverfahren für Materialien, die eine eindeutige Materialcharakterisierung ermöglichen. Darüber hinaus arbeiten Arbeitskreise aus DKE 371 mit ihren internationalen Spiegelgremien bei CENELEC an der Erstellung von harmonisierten europäischen Normen für die Europäische Batterieverordnung. Im Kontext dieser Verordnung sind bereits 38 Normungsprojekte avisiert. Wichtige Vorarbeiten dafür leisteten die DKE Expert*innen mit dem „Kompendium: Li-Ionen-Batterien“, das 2022 in zweiter Fassung erschien. Es beantwortet zentrale Fragen rund um diesen in fast allen mobilen Endgeräten enthalten Batterietypen.

Normen gewährleisten sichere Integration und Betrieb von Speichertechnik

Neben dem DKE/K 371 arbeitet das DKE/UK 261.1 an Elektrischen Energiespeichersystemen. Die Expertinnen und Experten erarbeiteten die Norm E DIN EN IEC 62933-1 VDE 0520-933-1:2021-02, die Terminologien für elektrische Energiespeichersysteme (EES-Systeme), Begriffe und Definitionen beinhaltet. Sie umfasst:

  • Einteilung von Energiespeichersystemen nach Energieform (mechanisch, elektrochemisch, elektrisch, thermisch)
  • Klassifizierung nach Anwendung und Einsatzort (Kurzzeitanwendungen, Langzeitanwendungen, Notstromversorgung)
  • Festlegung von Nennwerten wie Energiekapazität, Leistung, Wirkungsgrad, Lebensdauer
  • Prüfung des Betriebsverhaltens nach anwendbarem Betriebszyklus
  • Anforderungen an Erdung und Potentialausgleich


Durch die Anwendung solcher Normen wird gewährleistet, dass Energiespeicher die erforderliche Sicherheit und Zuverlässigkeit aufweisen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für den breiten Einsatz von Speichern in der All Electric Society.

Fazit: Grundlagen sind vorhanden, Wirkungsgrad entscheidend

Die technologischen Grundlagen für die fünf hier beschriebenen Speicherkategorien sind weitgehend vorhanden. Der rasche Zubau der Erneuerbaren Energien wird dafür sorgen, dass sich auch die Speichertechnologien sehr schnell weiterentwickeln werden. Ein entscheidender Aspekt für den Einsatz aber wird der Wirkungsgrad sein. In jedem Anwendungsfall wird einzeln zu begründen sein, welcher Speicher wirtschaftlich vertretbar ist.

Die All Electric Society ist letztlich die Idee eines Gesamtenergiesystems, bei dem Strom und andere Energieträger sowie alle Speichertechnologien im Sinne eines gemeinsam gedachten und geplanten Austauschprozesses die Nachfrage nach Wärme und Strom aus nachhaltigen Energiequellen sicher bedient. Die Normung leistet dazu einen wichtigen Beitrag, indem sie die erforderlichen technischen Grundlagen und Rahmenbedingungen schafft.

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Beitragsbild: malp / stock.adobe.com

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Johannes Stein

Johannes Stein

DKE Experte All Electric Society

E-Mail: dke-community@vde.com

Marcus Krause

Marcus Krause

DKE Community Manager

E-Mail: dke-community@vde.com

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